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Clowney & Co. – Das Seahawks-Roster nach dem Cut

Spannung, Drama und geplatzte Träume –  Der Cut-Day hatte auch bei den Seahawks die wohl größte Überraschung der NFL und hinsichtlich des eigenen Roster einige kleinere Überraschungen zu bieten. Die Seahawks sicherten sich mit einem Blockbuster-Trade die dringend benötigte Verstärkung für den Pass-Rush. Weiterhin wurde als sicher geltende Veteranen entlassen und der Practice Squad bekommt prominente Verstärkung.

Die angesprochene größte Überaschung dürfte die Verpflichtung eines neuen Defensive Ends sein: Clowney, der in 62 Spielen 29 Sacks verzeichnete, wurde via Trade von den Texans geholt. Er wurde bei den Texans mit einem Franchise Tag belegt, hat sich aber geweigert diesen zu unterschreiben. Folglich hatte Clowney eine gute Verhandlungsposition. Die Texans konnten Clowney nicht traden, solange er den Franchise Tag nicht unterschrieben hat. Er meldete sich aber auch nicht beim Team zurück.

Jeffrey Beall, Jadeveon Clowney, CC BY 4.0

Die Texans konnten Clowney nur traden, wenn dieser den Franchise Tag unterschrieben hatte, dadurch hatte er die freie Auswahl, zu welchem Team es für ihn gehen sollte. Gefiel ihm das ausgemachte Team der Texans nicht würde sich Clowney weigern, den Tag zu unterzeichnen. Den Texans waren schlicht die Hände gebunden.

Als mit Seattle ein Interessent für einen Trade bereit stand, der Clowney gefiel, wurde der Tag unterschrieben und der Trade schließlich vollzogen.

Trade-Preis für die Seahawks mehr als fair

Nach den sich immer weiter verhärtenden Gerüchte, auch das die Seahawks einen oder gar zwei Spieler ihrer O-Line (Ifedi und Britt) oder einen Running Back (hier wurde oft Penny genannt) traden, setzt sich der Trade wie folgt zusammen:


Seahawks erhalten Jadeveon Clowney

Texans erhalten Barkevious Mingo, Jacob Martin und 3. Runden-Pick (2020)


Man kann es nicht anders sagen: Die Seahawks haben die Texans beraubt und gehen als Gewinner aus dem Trade hervor. GM Schneider hat die Situation, dass die Texans ohne GM da stehen, gnadenlos ausgenutzt. HC der Texans, Bill O’Brien, leitet aktuell die Geschicke des Franchises.

Doch wenn man denkt es kann nicht mehr besser kommen, da wurden noch weitere Details des Deals bekannt: Die Texans tragen den Signing Bonus in Höhe von 7 Mio., die Seahawks stecken nur einen Cap-Hit von 8 Mio. ein. Und sparen den Cap-Hit von Mingo, der sowieso ein eventueller Cut-Kandidat war, in Höhe 4,2 Mio ein.

Zeit nach dem Franchise Tag

Zuerst einmal vorweg: Die Seahawks können dadurch, dass die Frist für Vertragsverhandlungen abgelaufen ist, aktuell keinen Vertrag mit Clowney abschließen.

Sollten die Seahawks sich dagegen entscheiden Clowney mit einem langfristigen Vertrag auszustatten so ist auch das für die Seahawks ein nahezu verlustfreies Szenario: Clowney würde den Seahawks einen Compensatory Pick bringen, vermutlich auch einen Pick der dritten Runde. Die Kosten würde sich damit auf die 8 Mio. dieses Jahr belaufen und Mingo und Martin. Mingo war ein potenzieller Cut-Kandidat. Schade finde ich den Abgang von Martin, der eine vielversprechende Entwicklung nahm. Betrachtet man aber die den Qualitätssprung von Martin zu Clowney und die Tatsache, dass Clowney den Seahawks sofort weiterhelfen kann, so muss man diesen Abgang in Kauf nehmen.

Einen weiteren Franchise Tag für Clowney wird es nicht geben: Die Seahawks haben Clowney im Rahmen des Trades versprochen, ihn nicht mit einem weiteren Franchise Tag zu belegen.

Überraschende Cuts

Der Cut von Jaron Brown dürfte die größte Überraschung dieses Jahr gewesen sein. Nach dem Brown letztes Jahr wenig genutzt wurde, aber sehr effizient (5 Touchdowns bei nur 14 Receptions) und in der Red Zone ein beliebtes Ziel war kündigte Carroll noch an, ihn dieses Jahr mehr einzubinden. Brown galt als sicherer WR2 hinter Lockett. Nun also der überraschende Abgang des Spielers.

Update 02.09.2019, 19:15 Uhr: Jaron Brown wurde von den Seahawks erneut unter Vertrag genommen. Für ihn Platz machen muss Ed Dickson. Der Tight End wird auf die Injured Reserve-Liste gesetzt und muss damit die ersten acht Wochen aussetzen. Das gleiche Schicksal ereilte ihn auch schon letztes Jahr.

Erwähnenswert war auch der Cut von Running Back J.D. McKissic. McKissic wurde immer wieder als Returner ins Spiel gebracht, um Lockett zu entlasten und wurde von vielen Experten auch als brauchbare Receiving-Waffe aus dem Backfield gesehen. Die Seahawks entschieden sich jedoch für eine RB-Unit bestehend aus Chris Carson, Rashaad Penny, C.J. Prosise und Rookie Travis Homer, sodass für McKissic kein Platz mehr blieb.

Mit Cassius Marsh und DeShawn Shead mussten zwei Rückkehrer wieder das Team verlassen. Shead macht mit einem Safety und einem Pick-Six in der Pre-Season auf sich aufmerksam und hätte meiner Meinung nach, ob jetzt als Safety, aber viel mehr als Cornerback, mit seiner Erfahrung der Secondary gut getan. Cassius Marsh kam aus seiner besten Saison bei den 49ers zurück nach Seattle, ist aber nach der Clowney-Verpflichtung entbehrlich geworden.

Griffin-Brüder bleiben vereint – Auch BBK im Roster

Shaquem Griffin, der große Teile der Pre-Season mit einer Knieverletzung verpasste, hat es doch noch in den Kader geschafft. Er galt als möglicher Streichkandidat. Der geringe Cap-Hit, aber auch der Trade von Mingo könnte ihm hier in die Karten gespielt haben. Die Feel-Good-Story aus dem letzte Jahr geht weiter. Griffin wird sich aber in der Defense deutlich steigern müssen. Als Special Teamer hat er schon jetzt einen Wert für das Team.

Auch Ben Burr-Kirven, der im letzten Pre-Season Spiel einen hervorragenden Eindruck gemacht hat und oft gemutmaßt wurde, ob er oder Griffin es ins Roster schaffen, hat den Cut überstanden. Die Seahawks halten beide Linebacker und gehen mit sieben Linebackern in die Saison.

Ein neuer Slot-Corner

Wie auch bei der Verpflichtung von Justin Coleman tradeten die Seahawks noch kurz vor Toreschluss für Parry Nickerson. Nickerson kommt für einen Siebtrundenpick 2021 aus New York von den Jets und spielte dort überwiegend im Slot. Dazu die Statistik von PFF via German Sea Hawkers:

Die Bewertung und Statistik liest sich erstmal nicht so gut, aber dort habe ich das Vertrauen in Pete Carroll. Seine Historie bei der Einschätzung und Entwicklung von Defensive Backs sollte ihm da zumindest etwas Kredit geben. Justin Coleman oder Tre Flowers sind da nur die jüngsten Beispiele. Jedoch möchte ich Nickerson hier auch nicht zum Starter schreiben. Nachdem Kalan Reed, den ich mit Außenseiter-Chancen für den Spot des Slot-Corners hatte, rechne ich auch noch Rookie Ugo Amadi gute Chancen aus, langfristig diese Rolle einzunehmen. Dies schrieb ich auch schon in seinem Porträt.

Der Kader im Überblick

QB: Russell Wilson, Geno Smith

RB: Chris Carson, Rashaad Penny, C.J. Prosise, Travis Homer

WR: Tyler Lockett, DK Metcalf, Gary Jennings, David Moore, Malik Turner, John Ursua

TE: Will Dissly, Nick Vannett, Ed Dickson

OL: Duane Brown, D.J. Fluker, Justin Britt, Mike Iupati, Germain Ifedi, George Fant, Ethan Pocic, Jamarco Jones, Joey Hunt

DL: Ezekiel Ansah, Jadeveon Clowney, L.J. Collier, Poona Ford, Al Woods, Quinton Jefferson, Rasheem Green, Bryan Mone, Branden Jackson

LB: Bobby Wagner, K.J. Wright, Mychal Kendricks, Austin Calitro, Cody Barton, Ben Burr-Kirven, Shaquem Griffin

CB: Shaquill Griffin, Tre Flowers, Akeem King, Neiko Thorpe, Parry Nickerson

S: Bradley McDougald, Tedric Thompson, Marquise Blair, Ugo Amadi, Lano Hill

Special Teams: P Michael Dickson, K Jason Myers, LS Tyler Ott

 

Ein verheißungsvoller Practice Squad

Der Practice Squad fristet sonst eher ein Schattendasein. Der Practice Squad der Seahawks ist dieses Jahr aber auf jeden Fall spannend genug, um einen Blick drauf zu werfen.

WR Jazz Ferguson, sowas wie der Pre-Season MVP oder Darling, wurde von keinem anderen Team nach dem Cut verpflichtet und hat nun den Weg zurück zum Practice Squad gefunden. Der erste Eindruck in der Pre-Season war ziemlich gut und jetzt hat man ihn weiter ans Team gebunden und kann ihn gezielt weiter entwickeln.

Auch im Practice Squad ist Jacob Hollister, der dieses Jahr von den Patriots via Trade akquiriert wurde. Hollister gilt als Tight End mit sicheren Händen und war für mich eigentlich ein Kandidat für den 53-Mann-Kader. Ich glaube hier können sich die Seahawks glücklich schätzen, dass er nicht vom Waiver Wire geclaimed wurde und bei den Seahawks bleibt. Dissly kommt aus einer schweren Verletzung und Dickson hatte immer mit kleineren Verletzungen zu kämpfen. Da kann ein Hollister in der Hinterhand Gold wert sein.

Der für mich spannendste Spieler im Practice Squad ist aber DL Jachai Polite. Der diesjährige (!) Drittrundenpick der Jets wurde von eben diesen entlassen. Sein sportliches Talent steht außer Frage, Polite wurde im Vorfeld des Drafts oft als First Rounder gehandelt. Seine schlechten Auftritte beim Pro Day, bei der Combine und in den Interview mit den Teams ließen ihn bis in dritte Runde fallen. Gelernt hatte Polite aber noch immer nichts: Er häufte in seiner kurzen Zeit bei den Jets Strafe in Höhe von übre 100.000 $ und wurde schlussendlich entlassen. Sollten die Seahawks Polite charakterlich hinbekommen hat man hier einen Spieler mit einer unfassbaren Upside mit so gut wie keinem Risiko. Ein Move, der sich in Zukunft noch auszahlen kann.

Der Practice Squad im Überblick (unbestätigt)

CB Simeon Thomas

TE Jacob Hollister

WR Terry Wright

WR Jazz Ferguson

OT Elijah Nkansah

G Jordan Roos

G Kahlil McKenzie (KC)

G/C Kyle Fuller (MIA)

S Ryan Neal (ATL)

DE Jachai Polite (NYJ)

 

Das Roster ist somit für den Moment gesetzt. Roster in der NFL sind aber sehr fluid, sodass es hier auch wieder zu vielen Veränderungen kommen wird. Für den Moment bin ich mit dem Kader der Seahawks aber durchaus zufrieden. Die größte Baustelle, die D-Line, wurde erfolgreich adressiert und man zahlt für dieses Jahr für Ansah und Clowney etwa das gleiche, wie man für Frank Clark unter dem Franchise Tag bezahlt hätte. Die Secondary und die Wide Receiver sind aktuell noch die größten Fragezeichen, mit einem hohen Ceiling, aber auch einem sehr niedrigen Floor.

Am nächsten Sonntag, dem 08.09. um 22:05 wird man im Home-Opener gegen die Bengals die ersten Eindrücke unter echten Wettkampfbedingungen vom Team bekommen und hoffentlich auch den ersten Saison-Sieg einfahren. Ab da ist die große Zeit des Rätseln vorbei und wir bekommen endlich wieder handfestes Material, mit der man das Team bewerten kann.

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