Die Seahawks im NFL Draft 2021: Cornerback
Habe ich mich im ersten Teil der Preview für den NFL Draft 2021 der Seattle Seahawks in der passlastigen NFL um die Spieler gekümmert, die die hoffentlich dankbaren Abnehmer für die Pässe von Quarterback Russell Wilson sind, so wechseln wir in diesem Beitrag die Seite des Balles. Es dreht sich alles um die Cornerbacks im kommenden Draft.
Cornerbacks gehören zu den wertvollsten Positionen in der NFL. In einer Liga, die mehr und mehr zum Passspiel tendiert und diese Entwicklung mittlerweile sogar bei den Seattle Seahawks angekommen ist, nimmt man mit einer guten Passverteidigung die stärkste Waffe des Gegners.
Die Seattle Seahawks haben vor allem in der ersten Saisonhälfte der abgelaufenen Spielzeit eine miserable Passverteidigung gestellt. Man war auf dem besten Weg dahin, die nach Total Stats meisten Yards in einer Saison zu zulassen. Die positive Entwicklung der zweiten Saisonhälfte sollte nicht unerwähnt bleiben – man darf aber nicht unterschlagen, dass man später in der Saison auf den dankbareren Teil des Schedules getroffen ist.
Status Quo der Cornerback-Unit
Es besteht Handlungsbedarf. Der langjährige Starter Shaquill Griffin, der durchaus solide spielte, aber nie den ganz großen Erwartungen gerecht wurde, wanderte gen Jacksonville ab. Für einen beachtlichen Vertrag, den die Seahawks in der Form nicht mitgehen konnten oder wollten.
Die Bruchlandung eines vielversprechenden Trades von Cornerback Quinton Dunbar ist nach unschöner Off-Season, zerstückelter Vorbereitung, schlechten Leistungen und einer Knieverletzung Mitte der Saison nicht mehr Teil des Kaders. Er unterschrieb bei den Detroit Lions und wäre für mich ein Spieler gewesen, den ich zu günstigen Konditionen gerne weiterhin im Trikot der Seahawks gesehen hätte.
So besteht die Cornerback-Gruppe aktuell aus dem Emporkömmling D.J. Reed, der als Waiver-Wire-Pickup, nach Entlassung durch San Francisco 49ers, den Weg ins Roster fand und sich zum Stammspieler entwickelte. Ein weiterer ehemaliger 49er wurde in der Free Agency mit Akhello Witherspoon verpflichtet. Für die Tiefe kam der ehemalige Cornerback Pierre Desir nach Gastspielen bei den Indianapolis Colts, New York Jets und Baltimore Ravens zurück nach Seattle. Und dann ist da noch Tre Flowers, bei dem ich mich an dieser Stelle nicht in Rage schreiben möchte und die Einschätzung daher eurer Fantasie überlasse.
Anforderungsprofil eines Seahawks-Cornerback
Auch wenn D.J. Reed letzte Saison eine schöne Überraschung für die Seattle Seahawks waren, so passt Reed eigentlich nicht in das Anforderungsprofil der Seahawks unter John Schneider und Pete Carroll. Und auch wenn es wünschenswert wäre: Es ist nicht unbedingt wahrscheinlich, dass die Anforderungen einfach über Bord geworfen werden.
Das Front Office achtet dabei vor allem auf verschiedene Körpertypen und athletische Profile. Man draftete nie einen Cornerback, der eine Armlänge von weniger als 32 Inch hatte. Der Vertical Jump muss über 33 Inch hoch sein. Und außer Tre Flowers wurde kein Cornerback gepickt, der eine höhere 3-Cone-Zeit als 7,0 Sekunden hatte. Ich habe also versucht Cornerbacks zu wählen, die möglichst viele dieser Boxen checken.
Wer mehr dazu lesen will, dem kann ich den Artikel von Corbin Smith zu den Seahawks-Thresholds bei Cornerbacks empfehlen.
Ifeatu Melifonwu – Syracuse – #2
Mein Lieblingscorner im kommenden NFL Draft kommt von der Universität Syracuse. Und reiht sich daher hinter der für mich klaren Top-Vier aus Patrick Surtain, Jaycee Horn, Caleb Farley und Greg Newsome ein. Melinfonwu erfüllt alle Anforderungen an einen Cornerback der Seattle Seahawks.
Stärken
Melinfonwu ist ein großer Cornerback mit einer beachtlichen Athletik und langen Armen. In Zonenverteidigung spielt er äußerst diszipliniert und er verfügt über eine gute Spielerkennung. Besonders gefallen hat seine Aggressivität am Catch-Point, in den analysierten Spielen konnte er hier mehrere Pass-Breakups verzeichnen. Für einen Cornerback seiner Größe verfügt Melinfownu über eine gute Fußarbeit und bewegliche Hüften.
Schwächen
Seine guten Skills am Catch-Point würden durch bessere Fanghände abgerundet werden. In drei Jahren gelangen ihm nur drei Interceptions. Für einen Cornerback mit seiner Größe spielt Melinfownu nicht physisch genug. Dazu hat er in seiner gesamten Karriere nur 183 Snaps in Press-Coverage, dort wenig Erfahrung. Seine Breaks aus der Zone sind zu langsam. Auch das Abstoppen bei bestimmten Routen (zum Beispiel Comeback-Routes) geschieht zu behäbig.
Fazit
Ich bin bei Melifownu höher als der Konsens – wobei sich laut Grinding the Mocks Melifonwu immer weiter in Richtung erster Runde bewegt. Er erfüllt alle Anforderungen an einen von Pete Carroll präferierten Corner. Das größte Problem in der NFL könnte die fehlende Physis werden. Wenig physische Corner haben sich in der NFL selten ein physisches Spiel angeeignet. Ich sehe in Melifonwu einen athletisch gesegneten Cornerback, der hier hoffentlich die Ausnahme der Regel wird und diese Makel ausmerzt.
Die Seattle Seahawks müsste ihn vermutlich mit dem ersten Pick in der zweiten Runde picken, ohne einen Downtrade. Daher könnte es schwierig bis unmöglich werden, Melifonwu zu akquirieren.
Meine Grade: 7,90
Positions-Ranking: 5/16
Round-Projection: Zweite Runde
Paulson Adebo – Stanford – #11
Paulson Adebo wählte vor der Saison das Opt-Out für die Saison 2020. der ehemalige Vier-Star-Recruit konnte in zwei Jahren am College konnte Adebo schon einige Erfahrung sammeln. Trotz etwas zu kurzen Armen sollte Adebo auf dem Draft-Board der Seahawks auftauchen.
Stärken
Adebo ist das, was man gemeinhin als Ballhawk bezeichnet: In zwei Jahren am College konnte Adebo 24 Pass-Breakups und acht Interceptions verzeichnen. Es wäre nicht vermessen zu sagen, dass Adebo mit die besten Ball-Skills der Klasse hat. In Zonenverteidigung ist er äußerst zuverlässig, hält seine Zonen diszipliniert. Seine beachtliche Größe gibt im Raum für Fehler, so kann er selbst kleineren Patzern noch Raum zum Wide Receiver gut machen und mit seinen langem Armen den Pass stören.
Schwächen
Adebo ist nicht der beweglichste Athlet der Klasse und wird bei Double-Moves regelmäßig geschlagen. Seine Transition aus dem Backpedal in den Sprint und das Drehen der Hüfte ist nicht flüssig genug. Dazu ist er anfällig für Big Plays – leider in beide Richtungen. So hat er, wie bereits beschrieben, gute Ball-Skills, kann sich in ähnlichen Situationen aber auch verschätzen und das Big Play zulassen. Auch sein Tackling ist ausbaufähig, welches ich aber als nicht für ganz so wichtig erachte.
Fazit
Die exzellenten Ball-Skills und die für mich grundsätzlich gute Eignung in einem Cover-3-Scheme wie dem der Seahawks machen Adebo für mich zu einem interessanten Development-Corner für den Beginn des dritten Draft-Tages. Der größte Faktor für eine gute NFL-Karriere wird dabei ein weiterer Ausbau seiner Spielerkennung und das Vermeiden von Überaggressivität und dem damit verbundenen zulassen von Big Plays.
Meine Grade: 5,91
Positions-Ranking: 12/16
Round-Projection: Fünfte Runde
Jason Pinnock – Pittsburgh – #15
Jason Pinnock ist ein Spieler, der bisher noch in keinem der etlichen erschienenen Draft-Guides erwähnt wurde. So liegt der Verdacht nahe, dass Pinnock ein UDFA wird und nicht im NFL Draft ausgewählt wird. Seine guten Testergebnisse beim Pro Day, die einen Relative Athletic Score von 9,77 (von 10 möglichen Punkten) einbracht, weckte mein Interesse. Pinnock erfüllt weiterhin sämtliche Anforderungen des Front Office.
Stärken
Auch Pinnock ist ein großer Cornerback mit einer gewissen physischen Erscheinung. Er hat ideale Maße für die Seattle Seahawks. Am Catch Point attackiert Pinnock zuverlässig und aggressiv. Erfahrungen in Press-Coverage kann Pinnock sein Eigen nennen. Bei Blocks der Wide Receiver ist er in der Lage sich zuverlässig dieser zu entledigen. Auffallend war seine gute Augendisziplin im Backpedal, die er in vielen Szenen bewies und so den Quarterback gut lesen konnte. Aus dem Backpedal ist Pinnock in der Lage schnell in die Breaks zu gehen und seine Zone zu verlassen.
Schwächen
Trotz der guten Transition aus dem Backpedal ist Pinnock nicht besonders beweglich. In vielen Szenen zeigt Pinnock zwar auch gute Spielerkennung, es gibt aber auch einige Szenen in denen Pinnock aus seinen Zonen locken lässt. Selten lässt er sich von den Augen des Quarterbacks “einfrieren” und wird dann tief geschlagen. Seine athletischen Testings spiegeln sich nicht auf Tape wieder, die Diskrepanz ist enorm.
Fazit
Pinnock ist zu Zeitpunkt des Drafts nicht mehr als ein Cornerback, der noch einiges an Entwicklung nötig hat. Die Spielerkennung, die er auf dem College-Level gezeigt hat, wird in der NFL nicht reichen. Seine gute Athletik und Physis kann ihm eine gewisse Baseline geben. Um dann aber ein ordentlicher bis guter Starter in der NFL werden zu können muss die Spielerkennung, der oft zitierte Football-IQ, ausgebaut werden.
Meine Grade: 5,48
Positions-Ranking: 14/16
Round-Projection: Sechste Runde
Damit ist der zweite Teil der Positions-Preview für den NFL Draft 2021 abgeschlossen. Im dritten und letzten Teil wird alles für den Schutz von Russell Wilson getan – dort wird die Interior Offensive Line.
Bei Fragen, Kritik oder einfach Interesse am Austausch schreibt mir gerne bei Twitter.
1 thought on “Die Seahawks im NFL Draft 2021: Cornerback”
Comments are closed.
[…] finale Teil meier Draft-Preview zum Draft der Seattle Seahawks. Nachdem Passempfänger und Passverteidiger bereits besprochen wurden geht es heute um die Interior Offensive Line (Guard und […]