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Gut oder unterbesetzt? Die Tight End-Situation bei den Seahawks

Auf dem Papier sieht diese Positionsgruppe gut aufgestellt aus – die Tight Ends. Doch wie sieht es wirklich aus? Ist die Position tief genug besetzt? Sind alle Spieler fit? Draften die Seahawks einen Tight End? Diese Fragen möchte ich beantworten plus einen Ausblick auf interessante TE-Prospects geben.

 

Wie die Seahawks die Tight Ends nutzen

Die Rolle der Tight Ends bei den Seahawks ist relativ klar abgesteckt: der Fokus wird auf das Blocking gelegt. Vor allem in Run Blocking sollen die Tight Ends mithelfen. Dieser Ansatz wird durch den Pick von Dissly letztes Jahr und der Verpflichtung in der Free Agency von Dickson untermauert.  In der heutigen NFL wird der Tight End auch immer wichtiger im Passspiel, damit tun sich die Seahawks aber relativ schwer: der drittletzte Platz an Targets (72) auf Tight Ends ist mit der geringen Prozentzahl von 47,2% im Passspiel zu erklären. Mit dem Prozentsatz von 18,1% Targets auf TE ist man aber auch nur auf Platz 19 und damit im Mittelfeld der Liga.

 

Die aktuellen TE im Kader

  • Dickson
  • Vannett
  • Dissly
  • Swoopes

Das größte Fragezeichen für die aktuelle Saison sollte hinter Will Dissly stehen. Die Seahawks machten ihn im letztjährigen Draft als besten Blocking Tight End der Klasse aus und draften ihn in Runde 4, wie man hörte unter der großen Angst, dass er bis dahin schon vom Board sein könnte. Neben seiner Stärke als Blocker machte sich Dissly aber in den ersten vier Spielen der Saison vor allem auch als Passempfänger einen Namen: er verzeichnete 8 Receptions für 156 Yards und erzielte 2 Touchdowns. Im Spiel gegen die Cardinals riss er sich die Patellarsehne, was das jähe Ende seiner Rookie-Saison bedeutete. Seitdem ist nicht viel über Disslys Gesundheitsstatus bekannt geworden, die Seahawks halten sich bedeckt. Fraglich ist, ob er zur neuen Saison 100%ig fit ist.

Ed Dickson verbrachte den Saisonstart nach einer Verletzung auf IR, debütierte in Woche 8 gegen die Lions und brachte es auf 12 Receptions für 143 Yards und 3 Touchdowns. Dickson ist 32 Jahre alt, bekommt 4,1 Mio. $ und könnte für einen Dead Cap von 1,7 Mio. $ entlassen werden.

Nick Vannett, Seattles Drittrundenpick von 2016, machte seinen Job im Blocking gut. Er fing 29 Bälle für 269 Yards und 3 Touchdowns. Vannett geht in das letzte Jahr seines Rookie-Vertrags, kassiert momentan 900.000 $ und ist nach der Saison ein Unrestricted Free Agent.

Eine Randnotiz in der Tight End-Gruppe gehört Tyrone Swoopes: er wurde aus dem Practice Squad befördert, machte nur ein Spiel für die Seahawks und fing einen Pass für 23 Yards.

Ganz anders George Fant: Der eigentliche Offensive Tackle nahm nach Verletzungsproblemen auf der TE-Position eine besondere Rolle ein, meldete sich immer wieder eligible und kam als zusätzlicher Blocker auf das Feld. Selten lief er auch mal eine Route als Passempfänger. Highlight: sein erster Karriere-Catch im Heimspiel gegen die Vikings. Fant unterzeichnete einen Second Round-Tender, der ihm 3,095 Mio. $ einbringen wird und ihn für das kommende Jahr an die Seahawks bindet. Hier wird abzuwarten sein, ob er weiterhin in Heavy Packages als Tight End aufgestellt oder er doch wieder zurück an seine angestammte Position in der Line spielen wird.

Die Free Agency ist auf dieser Position ereignislos verlaufen: es wurde weder ein Spieler abgegeben noch verpflichtet. Doch immer wieder tauchen Gerüchte auf, ob nicht doch ein Tight End gedraftet wird.

 

Fragezeichen auf der Position

Die Situation auf der Position scheint mir daher unklarer als man es meinen könnte. Maßgebend wird sein, ob es Dissly rechtzeitig schafft fit zu werden.

Hinter Dickson steht für mich ein Fragezeichen, da er mit vergleichsweise wenig Dead Cap entlassen werden kann und er mit 32 Jahren auch nicht mehr zu den jüngsten Spielern gehört. Dickson verpasste den Saisonbeginn, war den Rest der Saison fit.

Vannett geht wie beschrieben in das letzte Vertragsjahr. Sollten die Seahawks sich dazu entscheiden, ihn darüber hinaus behalten zu wollen, würde er mehr Gehalt bekommen als aktuell unter seinem Rookie-Vertrag,

Swoopes nahm in der letzten Saison eine derart kleine Rolle ein, dass ich mir nur sehr schwer vorstellen kann, dass er in den Planungen eine große Rolle spielen wird.

 

Draften die Seahawks einen Tight End?

Da die Seahawks konträr zum Trend der Liga den Fokus auf das Laufspiel statt des Passspiels setzen und damit einhergehend auch einen anderen Typ Tight End bevorzugen als der Rest der Liga ergibt sich für die Seahawks ein Wettbewerbsvorteil: Sie bekommen vergleichsweise viel Value für ihren Pick. Heißt: Tight Ends, die auch im Passspiel brillieren, gehen schneller vom Board als reine Blocking Tight Ends beziehungsweise Tight Ends, deren Stärken im Blocken liegen. Damit kann Seattle mit vergleichsweise spätem Pick noch einen Spieler bekommen, der ihnen weiterhelfen kann.

Draften die Seahawks einen Tight End wäre man auch mit Blick auf die Zukunft gut aufgestellt: Man könnte Dissly die benötigte Zeit geben, um in Ruhe wieder fit zu werden. Dickson könnte nächstes Jahr dem Cut zum Opfer fallen, mit einem noch geringeren Dead Cap als dieses Jahr (866.668$) und den Seahawks rund 3,4 Mio. $ einsparen. Auch mit Hinblick auf die eventuelle anstehende Verlängerung mit Nick Vannett könnte man hier das Geld besser in einen jüngeren Spieler investieren, sollte man mit Dickson nicht mehr zufrieden sein.

Mich würde es daher nicht wundern, sollten die Seahawks im Draft an Tag 2 oder 3 noch einen zusätzlichen TE draften, um sich für die Zukunft besser aufzustellen.

 

Mögliche Kandidaten

Jace Sternberger (Texas A&M): Sternberger wird für seine guten Hände gelobt, er erzielte in 13 Spielen letztes Jahr 832 Yards und 10 Touchdowns. Zuvor spielte er am College in Kansas, kam dort jedoch kaum zum Einsatz. 2017 spielte er nach dem Transfer von Kansas zu Texas A&M gar nicht. Dies ist für mich auch ein Negativpunkt: die fehlende Spielpraxis in seinen College-Jahren. Was mir jedoch beim Schauen seines Tapes auffiel: Er ist für mich ein deutlich besserer Blocker als gedacht, wird für mich in der Disziplin unterschätzt. Selbst wenn er noch nicht auf absolutem Top-Niveau blockt sind für mich alle Anlagen dazu da.

Josh Oliver (San Jose State): Oliver zeigt Potenzial als Passempfänger und hat eine solide Combine hingelegt. Er blockt innen sehr sicher. Probleme bekommt er, wenn der Pass-Rush über Außen kommt, dort wirkt seine Beinarbeit etwas zu langsam, sodass er dort recht einfach zu schlagen war. Unter dem Gesichtspunkt, dass Oliver nicht direkt starten müsste, ein interessantes Prospect für Seattle.

Zach Gentry (Michigan): In 2018 32 Receptions für 514 Yards und 2 Touchdowns, im Normalfall sichere Hände, jedoch oft nur Ziel für Check-Down oder Seam-Routen. Auch als Red Zone-Target denkbar. Im Blocking solide, verliert recht schnell die Balance (beispielsweise im Spiel gegen Michigan State) und bewegt keinen Defender. Mit einer 4.90 im 40 Yard Dash bei der Combine auch mit einer schlechten Zeit. Er wäre auch eher ein Projekt für die Zukunft.

Foster Moreau (LSU): Moreau legte mit einer 4.66 in der Combine eine überraschend gute Zeit hin. Ist eigentlich der Prototyp von TE, den die Seahawks sich wünschen: exzellenter, physischer Blocker, der dem Team im Laufspiel, Short-Yardage Situationen und an der Goal-Line helfen kann. Moreau verfügt über eine solide Technik und Beinarbeit. Brachte es im College nie auf über 300 Receiving Yards. Könnte als Blocker einen direkten Impact haben.

T.J. Hockenson (Iowa): Hockenson wird denke ich in Runde 1 weg gehen und ist daher für die Seahawks so gut wie unerreichbar. Trotzdem habe ich ihn mir angesehen und er verfügt über das wohl beste Gesamtpaket im Draft auf seiner Position: Blocking, sichere Hände, Yards after Catch, gebrochene Tackles, fängt in kleinen Fenstern, hat eine gute Balance. Bei ihm Schwachstellen zu finden ist schwer, für mich war im Run-Blocking etwas stärker als im Pass-Blocking, ohne im Pass-Blocking wirklich schlecht zu sein. Ist ein etwas schlechterer Athlet als Fant, sein TE-Kollege bei Iowa. Sein Tape hat richtig Spaß gemacht.

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